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Licht und Material

Mit der LED steht uns ein digitales Leuchtmittel zur Verfügung, mit dem man (fast) jede gewünschte Beleuchtungssituation auf Knopfdruck erzeugen kann. Abhängig von der Tages- und Jahreszeit, von der Raumnutzung und von den gewünschten Stimmungen können verschiedene Lichtfarben, Helligkeiten und Lichtverteilungen dynamisch geregelt werden. 

Die Oberflächen eines Raumes reflektieren das einfallende Licht, das dann in das Auge des Betrachters fällt. Dabei wirken die Materialeigenschaften mit dem Licht zusammen: das Reflexionsverhalten der Oberfläche einerseits und das auf das Material auftreffende Lichtspektrum, die Lichtintensität und die Einstrahlrichtung des Lichtes andererseits erzeugen die „Wahrnehmung der Oberfläche“. Alle Oberflächen des Raumes zusammen ergeben schließlich die „Raum-Wahrnehmung“.

Zum Reflexionsverhalten zählen Eigenschaften wie hell-dunkel, matt-glänzend, farbig-grau, strukturiert-monoton, etc., aber auch die mit dem Material verbundenen und im Gedächtnis gespeicherten (inhärenten) Materialeigenschaften wie z.B. kalt (Metall), warm (Holz), etc. Wie eine Oberfläche wahrgenommen wird, hängt nun ganz wesentlich von der Art der Beleuchtung (Lichtfarbe, Lichtrichtung, Helligkeit) ab. Es ist deshalb von entscheidender Bedeutung, die Materialien richtig zu beleuchten, um ihre inhärenten Eigenschaften hervorzubringen.

Gemäß unserem Grundsatz „Nicht von der Leuchte zum Erscheinungsbild, sondern vom Erscheinungsbild über die visuelle Wahrnehmung zum Lichtkonzept“ (Prof. Dr. h.c. Ing. Christian Bartenbach) gehen wir bei der Erstellung von Lichtkonzepten immer von einer ganzheitlichen Betrachtung aus. Lichtplanung und Innenarchitektur müssen aufeinander abgestimmt werden, sodass die eingesetzten Materialien ihre Wirkung entfalten und zum gewünschten gesamten Raumerscheinungsbild beitragen können. 

Mit dem Einsatz einer steuerbaren LED-Beleuchtung werden eine Vielzahl von dynamischen Beleuchtungsvariationen möglich. Das visuelle Erscheinungsbild von Oberflächenmaterialien variiert in Abhängigkeit von seiner Beleuchtung. Somit ist es möglich, unterschiedliche Material- und Raumerscheinungen zu generieren. Das Wissen über das Zusammenspiel zwischen Beleuchtung und Oberflächen ermöglicht so die gezielte Erzeugung spezifischer Material- und Raumerscheinungsbilder.

Für die Arbeitsplatzbeleuchtung gibt es heute spezifische Mindestanforderungen, die erfüllt werden müssen, um visuelle Tätigkeiten belastungsfrei durchführen zu können. Diese Mindestanforderungen sind in Beleuchtungsstandards formuliert, wissenschaftlich gut belegt und beruhen auf einem spezifischen Satz an technischen Kenngrößen (z.B. horizontale Beleuchtungsstärke, Leuchtdichte, Gleichmäßigkeit der Ausleuchtung oder Farbwiedergabe der Lichtquelle). 

Für die Wechselwirkung von Material und Licht zur gezielten Erzeugung spezifischer Materialerscheinungsbilder oder Raumlichtwirkungen fehlen solche technischen Kriterien. Es gibt dazu praktisch kein ausreichend dokumentiertes und allgemein verfügbares Wissen. Es fehlen derzeit vor allem messbare Kriterien (Metrik), welche bei der Lichtplanung verwendet werden könnten. Dem Architekten bleibt es somit überlassen, entsprechend seiner Gestaltungsphilosophie und seiner Erfahrung Materialien auszuwählen und anschließend zu beleuchten.

Nach dem energieeffizienten Gebäude steht nun das „gesunde“ Gebäude im Fokus (z. Bsp. der WELL Building Standard), das sich auf die Gesundheit und das Wohlbefinden des Menschen konzentriert. Den Oberflächenmaterialien und deren Beleuchtung kommt hier in Zukunft eine wichtige Rolle zu.

Bartenbach forscht schon seit Jahrzehnten zum Thema Licht und Material und versucht laufend, die Erkenntnisse zu erweitern, um sie in den Beleuchtungsanlagen umzusetzen und um neue lichttechnische Materialien zu entwickeln.  

 

MA/WP 02/2020